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Rezensionen


Ira Krissel Wundram/Aikimedien - 23. Februar 2014

Berührendes Porträt einer misshandelten Frau

Ich bin sicher, dieses Buch lässt keine Frau kalt, auch wenn das Thema „Gewalt in der Ehe“ heute sicher kein derartiges Tabu mehr in Deutschland ist wie zur Erstveröffentlichung im Jahr 1994. Ein heißes Thema ist es jedoch auf alle Fälle immer noch.

INHALT:
Lisas Ehe steckt in einer Krise. Seit ihr Mann arbeitslos wurde, trinkt er regelmäßig und reagiert sich dann an ihr mit Prügel und sexueller Gewalt ab. Lange versucht sie, vor den Kindern und Nachbarn den Schein zu wahren, doch irgendwann geht das nicht mehr. Lisa wehrt sich – mit schrecklichen Folgen.

MEINUNG:
Lisas Geschichte hat mich sehr berührt. Die Nähe zu den Lesern unterstreicht die Autorin zusätzlich durch die Ich-Form und das Präsenz des Textes. Dadurch entwickelt sich ein Sog, dem ich mich nicht entziehen konnte. Ich habe verstanden, warum die Protagonistin so handelt, wie sie es tut, auch wenn sie mich immer wieder wütend gemacht hat. Wie kann sie sich so klein machen? Ganz offensichtlich hat die Geschichte bei mir einen Knopf gedrückt …
Gut gefallen hat mir, dass Ulrike Linnenbrink dabei nicht auf der Mitleidsmasche geritten ist. Sie lässt ihre Leser mitfühlen, aber eben nicht mitleiden.
Sprachlich liest sich der Roman sehr flüssig. Die Handlung ist logisch aufgebaut, und die Dramaturgie absolut stimmig. Auch die Figuren sind lebensecht angelegt. Ich konnte mich in die Geschichte fallen und mitreißen lassen.
Für mich persönlich war es eine schöne Reise in die Vergangenheit, bei der ich in das Leben Anfang der Neunziger Jahre eintauchen konnte. In Zeiten, zu denen es zum Beispiel noch keine Handys gab und man dann eben nicht erreichbar war, wenn gerade kein Festnetztelefon in der Nähe war.

WERTUNG:
„Fühl mal, Schätzchen“ ist ein emotionales Buch, sprachlich und inhaltlich sehr gut gemacht, das auch heute, nach genau zwanzig Jahren, noch bewegt und mitreißt. Für mich ist es genau aus diesem Grund auch ein wunderbares Dokument seiner Zeit. Dafür gibt es mein persönliches „Sehr gut“ und fünf Wertungspunkte.
Mein Fazit: Berührendes Porträt einer misshandelten Frau

23. Februar 2014


Conny Schier

Sehr beeindruckend, berührend und authentisch geschrieben!

21. Dezember 2013



Gina Heinrich:

Klasse Buch!

Habe das Buch in einem durchgelesen, sehr spannend!
Vor allem der Schluss war sehr treffend und hat mir sehr gut gefallen: die Metapher mit dem kleinen Mädchen, das auch in die Jungen-Domäne einbrechen möchte, zu Pfeil und Bogen greift, und die Mutter unterstützt das ...

Die Aussage des Romans kam bei mir an, und diese kann ich nur unterstützen! Werde mir sicher noch weitere Lektüre von Ihnen besorgen.

17. Juni 2013


Hans Peter Röntgen:

Szenen einer Ehe

"Nie wieder", schwöre ich meinem Spiegelbild, "nie wieder wird dieses Arschloch das mit mir machen!"
Wütend betupfe ich die Verletzungen in meinem Gesicht. Noch immer sickert Blut aus dem Riss unterm Nasenflügel, aus der geplatzten Oberlippe, die inzwischen heftig angeschwollen ist. Auch die Gegend um das rechte Auge scheint kräftig etwas abbekommen zu haben. Morgen werde ich mit einem herrlichen Veilchen durch die Gegend laufen. Was soll ich den Leuten bloß wieder erzählen?

Lisa war glücklich verheiratet. Doch das ist lang her, denn ihr Mann wurde arbeitslos und fing an, zu trinken. Seitdem verprügelt er sie regelmäßig im Suff.

Eines Tages, als er sie obendrein auch noch vergewaltigt, klickt sie aus. Ihr Mann schnarcht im Dachgeschoß den Rausch aus und Lisa steckt ihm eine brennende Zigarette zwischen die Finger. Sie achtet darauf, dass die naheliegende Zeitung in Brand gerät und verlässt das Haus.

Ihr Plan gelingt, doch nicht ganz. Das Haus brennt ab, doch ihr Mann kann sich durch einen beherzten Sprung in den Gartenteich retten. Niemand verdächtigt Lina, dass sie ihre Hand im Spiel hatte. Ganz im Gegenteil. Ihr Mann zeigt Reue, schwört Besserungen, er wird den Alkohol lassen und sie besser behandeln. Zwei Monate klappt das auch. Dann schöpft er Verdacht, dass der Brand vielleicht nicht so zufällig war wie gedacht. Er fängt wieder das Trinken an und ein Psychoterror ganz eigener Art beginnt ...

Als Frauenbuch erschien es bei Lübbe. Eigentlich ist es weniger ein Frauenbuch, als vielmehr ein Psychothriller, ein höchst realistischer zudem. Von einem Mann, der die Fassade des Erfolgs aufgesetzt hat und abstürzt, als diese einstürzt, von King Alk, der ihn endgültig zerstört und einer Frau, die sich von ihrem Mann nicht lösen kann, egal, wie schäbig er sie behandelt.

Beklemmend schildert uns die Autorin diese Entwicklung, die erst in einem Mordversuch gipfelt, dann in scheinbarer Versöhnung, und wie die Geschichte immer weiter auf den Abgrund zu taumelt. Anfangs beginnt das Buch eher ruhig, doch dann packt es den Leser und lässt ihn nicht mehr los. Zumal die vorgestellte Konstellation - sieht man vom Mordversuch ab - so selten gar nicht ist und sehr realitätsnah geschildert wird.

Ein Buch über Menschen, die nicht miteinander reden, die getrimmt wurden, den schönen Schein aufrecht zuhalten und darüber, was passiert, wenn dieser in Stücke geht. Ein wenig erinnert es an Maigrets Meisterwerke, ein wenig an Patricia Highsmith. Nur am Anfang gibt es ein, zwei Szenen, da merkt man, dass das Buch Anfang der Neunziger geschrieben wurde: Da wird es ein bisschen zu plakativ. Aber das sind wirklich wenige Seiten.

Fazit: Ebenso spannender wie bedrückender Psychothriller.

© Hans Peter Röntgen


Iris Kammerer:

Lisa Merkel war einmal eine glücklich verheiratete Frau; zwei Kinder, ein beruflich erfolgreicher Mann, ein Haus mit Garten - da tat sie sich leicht, dem Wunsch ihres Mannes zu folgen und sich der Familie zu widmen. Doch als Richard arbeitslos wird, bricht für ihn die Welt zusammen - und dieser Schlag fällt auch auf die Familie zurück. Lisa, die sich von jeher willig gefügt hat, rutscht allmählich in die Rolle des Prellbocks, wird zur Zielscheibe körperlicher und seelischer Gewalt. Als er sie schließlich vergewaltigt, kanalisieren sich Wut und Verzweiflung in dem Entschluß, ihren Peiniger umzubringen.

Der Plan schlägt fehl; doch Lisas schlaue Inszenierung geht als Unfall durch - zu sauber ist die Fassade von heiler Welt, die vor allem Lisa nach außen hin aufrechterhalten hat. Körperlich entstellt kehrt Richard aus dem Krankenhaus nach Hause zurück. Zunächst scheint er mit seiner Absicht, mit seiner Familie ein neues Leben anzufangen, ernst zu machen, eine Lehre gezogen zu haben.

Doch der Firnis ist nur dünn, und die unbewältigte Frustration resultiert in neuer Gewalt. Als er zufällig herausfindet, daß hinter dem Hausbrand, der ihn beinahe das Leben gekostet hätte, ein Plan Lisas stecken könnte, eskaliert die Situation - schwer verletzt findet sich Lisa im Krankenhaus wieder. Doch auch hier verfolgt er sie. Selbst ihre zeitweilige Zuflucht in einem Frauenhaus spürt er auf. Schließlich findet Lisa mit den Kindern Unterschlupf in einem Häuschen auf dem Land, aber hier fühlt sie sich ebenfalls nicht sicher.
Ihre Anstrengungen, Richard wegen Körperverletzung anzuklagen, stürzen sie wegen ihres eigenen Mordversuchs in Gewissenskonflikte und Ängste, aus denen sie keinen Ausweg zu finden glaubt.

Die Erzählung ist konsequent aus Lisas Perspektive geschildert, so daß man als Leser(in) ihrer Entwicklung nachtasten kann und quasi mit ihr durch die Hölle geht, ehe sie die ersten Versuche zur eigenen Entfaltung macht.
Ulrike Linnenbrink läßt vor unseren Augen den Prototyp der braven Hausfrau und Mutter erstehen, eine Frau, die fehlende Eigeninitiative durch Anpassung wettzumachen glaubt und damit nicht nur zur Totengräberin ihrer selbst, sondern sogar beinahe ihrer Familie wird. Erst auf der Flucht erkennt sie die Notwendigkeit sich zu behaupten um ihrer eigenen Zukunft, aber auch um ihrer Kinder willen.

Ein Buch, das nachdenklich stimmt angesichts der Vorzeigefamilien in ihren Vorstadtidyllen.

© Iris Kammerer

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